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Extremophile Mikroorganismen

Die ultimativen Überlebenskünstler: Extremophile

Sei­en wir ehr­lich. Wir Men­schen sind nicht son­der­lich begabt dar­in, sich an extre­me Bedin­gun­gen anzu­pas­sen. Unser Wohl­fühl­tem­pe­ra­tur­spek­trum ist schmal und pH-Wer­te lie­gen sta­bil in sehr engen Berei­chen. Von Tole­ranz gegen­über Luft­druck­schwan­kun­gen und radio­ak­ti­ver Strah­lung gar nicht zu reden. Mikro­or­ga­nis­men jedoch besie­deln so ziem­lich jeden Lebens­raum, der für uns eigent­lich unbe­wohn­bar scheint. Doch was macht die­se win­zi­gen Orga­nis­men so wider­stands­fä­hig? Tau­chen wir ein in die fas­zi­nie­ren­de Welt der Extre­mo­phi­len und fin­den her­aus, an welch selt­sa­men Orten das mikro­biel­le Leben erblü­hen kann.

Extremophile

Manche mögens heiß (oder kalt) 

Extre­mo­phi­le Mikro­or­ga­nis­men haben die beein­dru­cken­de Fähig­keit, in den extrems­ten Umge­bun­gen der Erde zu gedei­hen. Von kochend hei­ßen Ther­mal­quel­len bis hin zu den eisi­gen Tie­fen der Ant­ark­tis, die­se erstaun­li­chen Orga­nis­men trot­zen den extre­men Tem­pe­ra­tu­ren, die für die meis­ten Lebens­for­men töd­lich wären.

Ther­mo­phi­le Mikro­or­ga­nis­men, wie die bekann­ten Archae­en, gedei­hen in Umge­bun­gen, die für uns unvor­stell­bar heiß sind. Die­se hit­ze­lie­ben­den Orga­nis­men sind in hydro­ther­ma­len Quel­len und unter­see­ischen Vul­ka­nen zu fin­den, wo Tem­pe­ra­tu­ren über 100°C herr­schen. Ihre Pro­te­ine und Zell­mem­bra­nen sind so ange­passt, dass sie bei die­sen extre­men Tem­pe­ra­tu­ren sta­bil blei­ben und ihre Funk­ti­on aufrechterhalten.

Thermophile Mikroorganismen

Auf der ande­ren Sei­te des Tem­pe­ra­tur­spek­trums fin­den wir die Psy­chro­phi­len, Mikro­or­ga­nis­men, die in eis­kal­ten Umge­bun­gen über­le­ben. Die­se Käl­te-Spe­zia­lis­ten sind in den Glet­schern, ark­ti­schen Seen und sogar im Per­ma­frost zu Hau­se. Sie haben ein­zig­ar­ti­ge Anpas­sun­gen ent­wi­ckelt, wie die Pro­duk­ti­on von „Käl­te­schock­pro­te­inen“, die das Ein­frie­ren und die Bil­dung von Eis­kris­tal­len in ihren Zel­len ver­hin­dern. Wäh­rend man­che Bak­te­ri­en bei wär­me­ren Tem­pe­ra­tu­ren dazu in der Lage sind, sich alle 20 Minu­ten zu tei­len, kann die Ver­dop­pe­lung bei die­sen käl­te­lie­ben­den Orga­nis­men ger­ne mal ein gan­zes Jahr dauern.

Psychrophile Mikroorganismen

Extremophile Mikroorganismen und ihre Liebe zu Basen und Säuren 

pH-Wer­te sind ein wei­te­rer Bereich, in dem extre­mo­phi­le Mikro­or­ga­nis­men glän­zen. Von extrem sau­ren bis hin zu stark basi­schen Umge­bun­gen – die­se Orga­nis­men haben Nischen besetzt, die für die meis­ten Lebe­we­sen unbe­wohn­bar sind.

Aci­do­phi­le Mikro­or­ga­nis­men leben in Umge­bun­gen mit einem pH-Wert von unter 3 (zur Info: unse­re Magen­säu­re befin­det sich im Bereich von 1,5 — 2). Die­se sau­ren Lebens­räu­me, wie sau­re Abwäs­ser aus dem Berg­bau oder hei­ße Quel­len, sind für die meis­ten Lebe­we­sen töd­lich. Doch Aci­do­phi­le haben Mecha­nis­men ent­wi­ckelt, um ihre Zell­struk­tu­ren vor der Zer­stö­rung durch die extrem sau­re Umge­bung zu schüt­zen. Sie nut­zen spe­zi­el­le Pro­to­nen­pum­pen, um den pH-Wert in ihrem Zell­in­ne­ren sta­bil zu hal­ten, wodurch sie auch in die­sen extre­men Bedin­gun­gen über­le­ben können.

Alka­li­phi­le Mikro­or­ga­nis­men hin­ge­gen bevor­zu­gen stark basi­sche Umge­bun­gen, mit pH-Wer­ten von über 9. Die­se Orga­nis­men fin­det man in alka­li­schen Seen oder in Böden mit hohem Salz­ge­halt. Sie besit­zen Enzy­me und Mem­bran­pro­te­ine, die bei die­sen hohen pH-Wer­ten sta­bil blei­ben und effi­zi­ent arbei­ten. Ihre Anpas­sungs­fä­hig­keit zeigt, dass das Leben sich selbst in den unwahr­schein­lichs­ten Umge­bun­gen anpas­sen und flo­rie­ren kann.

Extremophile Mikroorganismen
Extremophile Mikroorganismen

Süß oder salzig?

Die Fähig­keit von Mikro­or­ga­nis­men, in extre­men Salz­kon­zen­tra­tio­nen zu leben, ist ein wei­te­res fas­zi­nie­ren­des Bei­spiel für ihre Anpas­sungs­fä­hig­keit. Halo­phi­le, salz­lie­ben­de Mikro­or­ga­nis­men, besie­deln Umge­bun­gen mit hohen Salz­kon­zen­tra­tio­nen, wie Salz­seen oder Sali­nen. Wäh­rend die meis­ten Zel­len in sol­chen sal­zi­gen Umge­bun­gen aus­trock­nen und ster­ben wür­den, haben Halo­phi­le Mecha­nis­men ent­wi­ckelt, um den osmo­ti­schen Stress zu bewäl­ti­gen. Sie akku­mu­lie­ren Stof­fe wie Kali­um­io­nen, die den osmo­ti­schen Druck aus­glei­chen und die Zell­funk­tio­nen aufrechterhalten.

Selbst­ver­ständ­lich gibt es auch hier ein mikro­biel­les Leben am ande­ren Ende des Extre­men. Osmo­phi­le Mikro­or­ga­nis­men bevor­zu­gen hohe Zucker­kon­zen­tra­tio­nen und sind häu­fig in zucker­rei­chen Lebens­mit­teln oder in Nek­tar zu fin­den. Die­se Orga­nis­men haben beson­de­re Enzy­me, die in hohen Zucker­kon­zen­tra­tio­nen aktiv blei­ben und ihre Zell­mem­bra­nen schützen.

Extremophile Mikroorganismen
Extremophile Mikroorganismen

Darf’s ein bisschen Strahlung sein?

Radio­phi­le, wie das bekann­te Bak­te­ri­um Deinococ­cus radio­durans, sind wah­re Über­le­bens­künst­ler in extre­men Umge­bun­gen mit hoher Strah­lung. Die­se bemer­kens­wer­ten Orga­nis­men kön­nen extrem hohe Dosen ioni­sie­ren­der Strah­lung über­le­ben, die für die meis­ten Lebe­we­sen töd­lich wären. Ihre außer­ge­wöhn­lich effi­zi­en­ten DNA-Repa­ra­turme­cha­nis­men ermög­li­chen es ihnen, Schä­den durch Strah­lung schnell zu behe­ben und ihre gene­ti­sche Inte­gri­tät zu erhal­ten. Die­se erstaun­li­chen Fähig­kei­ten machen die­se Sor­te der Extre­mo­phi­len zu fas­zi­nie­ren­den For­schungs­ob­jek­ten in der Astro­bio­lo­gie und könn­ten sogar wich­ti­ge Erkennt­nis­se für den Strah­len­schutz und die medi­zi­ni­sche For­schung liefern.

Deinococcus radiodurans

Mikrobielle Meister der Anpassung

Die Welt der Extre­mo­phi­len ist vol­ler Über­ra­schun­gen und zeigt uns, dass das Leben sich selbst in den unwirt­lichs­ten und unvor­stell­bars­ten Umge­bun­gen anpas­sen kann. Wäh­rend wir uns in unse­rer Kom­fort­zo­ne ein­rich­ten, trot­zen die­se win­zi­gen Hel­den den Extre­men der Natur und inspi­rie­ren uns dazu, unse­re Gren­zen neu zu defi­nie­ren. Von hei­ßen Quel­len über sau­re Seen bis hin zu ver­strahl­ten Lebens­räu­men — die Mikro­or­ga­nis­men zei­gen uns immer wie­der aufs Neue, dass Ein­zeller deut­lich mehr zu bie­ten haben, als es den Anschein haben mag.

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