Mensch vs Bakterien
Der Kampf der Medizin gegen bakterielle Infektionen ist ein langer und zum großen Teil äußerst erfolgreicher. Tatsächlich dachte der Mensch — als selbsternannte Krone der Schöpfung — lange, er könnte die Mikroorganismen unterwerfen. Spoiler-Alarm — so leicht wird’s nicht. Vielmehr stellt sich die Welt der mikroskopisch kleinen Bewohner als letztes gallisches Dorf dar — nur dass dieses Dorf die Größe des Planeten Erde besitzt und uns die Mikroben zahlenmäßig haushoch überlegen sind. Aber gut, bleiben wir ein wenig bei den “Galliern”. Wie versuchen wir diese mithilfe unserer Antibiotika zu überrumpeln? Welcher Wirkungsweise besitzen die verschiedenen Antibiotika?
Beginnen wir mit einer kleinen Geschichtsstunde
Es war einmal…
Alles begann 1928 mit der Entdeckung des Penicillin (von Pilzen der Gattung Penicillium produziert) durch Alexander Fleming. Dessen großartige Beobachtungsgabe (und auch ein wenig dessen Glück, wenn wir ehrlich sind) hat das Zeitalter der Antibiotika eingeleitet. Seitdem ist die Zahl der neu entdeckten antibiotisch wirksamen Substanzen rapide angestiegen. Den Höhepunkt erreichte die Neuzulassung an neuen Antibiotika für den medizinischen Einsatz in den späten 70er/frühen 80er Jahren. Damals wurden innerhalb von nur 4 Jahren 19 neue Wirkstoffe auf den Markt gebracht. Von da an fiel die Zahl der Neuzulassungen allerdings kontinuierlich ab. Im Zeitraum zwischen 2005 und 2009 wurden beispielsweise nur noch 3 neue antibakterielle Stoffe zugelassen (Ventola 2015). Der Grund dafür dürfte verfrühter Optimismus im Kampf gegen krankheitserregende Mikroorganismen gewesen sein. Man dachte der Krieg sei gewonnen.
Wir können heute zwar auf eine schier unendliche Menge an Wirkstoffen — von natürlich gewonnenen bis vollkommen synthetisch hergestellten — zurückgreifen. Jedoch stieg die Zahl neuer Antibiotika-Resistenzen im Gegensatz zu den Antibiotika-Neuzulassungen in die letzten Jahren exponentiell (böses, böses Wort!) an. Die Gallier schlagen zurück.
Antibiotika Wirkungsweise
Die Wirkungsweisen heute medizinisch relevanter Antibiotika sind vielfältig. Beliebte Angriffspunkte der Bakterienzelle sind die Zellwand sowie die DNA-Replikation und die Protein-Synthese.
Beginnen wir mit der Zellwand. Sie bildet — wenn intakt — eine schützende Schicht, die es erst ermöglicht, dass innerhalb der Zelle stabile Bedingungen herrschen. Auch dient sie, gemeinsam mit der Zellmembran (die ebenfalls ein Angriffspunkt für Antibiotika sein kann und innerhalb der Zellwand liegt) als eine Art Türsteher. Sie kontrollieren zu einem großen Teil, welche Stoffe hinein oder auch hinausdürfen. Das Gute an Antibiotika, die diese Schicht angreifen, ist: Sie müssen oft gar nicht am Türsteher vorbei! Greifen diese Substanzen am Wirkort angekommen die Zellwand an, so führt dies zu einer Destablisierung jener -> Die Zelle platzt.
Aber: Nicht alle Bakterien besitzen eine Zellwand! Und Zellwände sind äußerst verschieden, weshalb nicht alle Bakterien mit diesen Antibiotika attackiert werden können. Zeit sich eine alternative Wirkungsweise zu suchen: Angriff auf DNA-Replikation oder Protein-Synthese. Klingt erstmal beides kompliziert, aber wir fassen uns kurz. Im Fall der DNA wird das Erstellen einer identischen DNA-Kopie blockiert. Wir wissen bereits aus früheren Blog-Beiträgen (oder?!), dass die DNA vor jeder Zellteilung dupliziert werden muss. Blockieren wir also das Duplizieren, so verhindern wir auch die Zellteilung! Das Blockieren der Protein-Synthese stellt ebenfalls eine effektive Methode dar, um bakterielle Zellen zu schädigen. Dies führt im Endeffekt immer dazu, dass der Stoffwechsel der Zelle lahmgelegt wird.
Die Schwierigkeiten beim Angriff auf DNA oder Protein-Synthese? Richtig — das Antibiotikum muss zuerst am Türsteher vorbei und auch vor der Security (= Efflux-Pumpen), die einen bei Fehlverhalten gerne mal rauswirft, sind sie nicht gefeit. Die Wirkungsweise der Antibiotika mag zwar sehr divers sein, allerdings sind das auch die bakterielle Abwehrmechanismen.
Die Rückkehr der Krankheitserreger
Haben medizinische Fortschritte zur Ausrottung vieler Krankheiten und die Entwicklung von Antibiotika die Therapie einer Vielzahl oft schwer verlaufenden Infektionen ermöglicht, so scheint dies eher so, als hätte man bloß eine Schlacht gewonnen — nicht aber den Krieg. Zum einen können sich (bakterielle) Infektionskrankheiten in Zeiten der Globalisierung (wie man aktuell auch am Beispiel CO-VID19 sieht) um ein Vielfaches schneller und einfacher ausbreiten als je zuvor. Zum anderen ist es leider eine Tatsache, dass unsere wirksamsten Waffen — die Antibiotika — im Kampf gegen bakterielle Krankheitserreger stumpf geworden sind.