Kurze Wiederholung
Frei nach dem Prinzip, das uns allen noch aus Schulzeiten geläufig sein dürfte: kurze Stundenwiederholung! Was haben wir in Teil 1 gelernt? Genau, dass die Welt der kleinsten Bewohner unserer Erde einfach unbeschreiblich groß ist, wir streng genommen mehr Bakterium als Mensch sind und dass 99,99% der Mikroorganismen noch nicht einmal entdeckt wurden… kurz durchschnaufen — das ist ganz schön viel auf einmal…
Nun aber zur Fortsetzung unserer VIM-Liste.
VIM (very important microbes)
Viren:
Die wichtigste Frage vorweg: der oder das Virus? Tatsächlich scheint dies eine der großen Diskussionen in Zeiten der aktuelle Corona-Pandemie zu sein, weshalb wir uns nun dieser Frage annehmen. Tatsächlich sind beide Ausdrücke richtig. In der Fachsprache hat sich die Bezeichnung “das Virus” durchgesetzt, womit klar ist, dass die Wissenschaft die Gender-Diskussion absolut ernst nimmt. Allerdings sind Viren nicht nur in ihrer Struktur, sondern auch in ihrem sprachlichen Gebrauch wandelbar. Somit entstand in der Alltagssprache auch der Gebrauch “der Virus”. Laut Duden sind beide korrekt — suchen Sie es sich also aus. Oder noch besser: lassen wir die Menschheit einfach weiter diskutieren.
Unabhängig von der Tatsache, dass der Artikel für Viren ebenso schwer greifbar ist wie das Virus selbst (ja, ich hab mich für “das Virus” entschieden): wussten Sie, dass das Virus streng genommen nicht einmal der Definition von Leben entsprechen? Nein? Gut — weiterlesen!
Biologisch gesehen gibt es 3 Grundforderungen an Leben: eigener Stoffwechsel, selbständige Fortpflanzung und Evolution. Viren erfüllen dabei genau ein Kriterium — die Evolution (diese dafür in Perfektion, wie ihr globaler Erfolg zeigt). Auch ein Größenkomplex scheint für die nur wenige Nanometer großen Dinger (?!) kein Thema zu sein.
Beginnen wir aber nun die Liste der Viren mit einem alten Bekannten (sorry an alle, die sich etwas zu Corona gewünscht haben).
Influenza (Typ A, B, C) — der gute alte Grippevirus. Weniges ist so verlässlich als sein jährliches saisonales Auftreten. Weniger vorhersehbar ist da schon der Influenza-Subtyp, mit dem wir uns jedes Jahr aufs Neue beschäftigen müssen — von Influenza Typ A gibt es dabei 45 (selbst in Wikipedia nachgezählt)! Dazu zählen unter anderem auch die Erreger der Spanische Grippe oder der Vogelgrippe. Diese Variabilität der Viren ist auch der Grund, warum eine Grippeimpfung immer nur eine Saison lang schützt. Zwischen den Influenza-Typen gibt es im Übrigen wesentliche Unterschiede. Typ A stellen dabei die heimtückischsten Vertreter dar, wohingegen Viren vom Typ B meist eine leichtere Form der Grippe und Typ C meist gar keine hervorrufen.
Bakteriophagen. Zwar handelt sich dabei um keine Art in dem Sinne, allerdings sollen diese Mikro-Objekte (Sie bemerken die Schwierigkeit, das Wort Organismus oder Lebewesen in diesem Zusammenhang nicht zu verwenden oder?) zeigen, dass auch Viren nicht nur böse sind.
Was macht nun also diese Bakteriophagen so besonders? Die Antwort steckt bereits im Namen. Sie befallen im Gegensatz zu human-pathogenen Viren ausschließlich Bakterienzellen. Gute Sache. Insbesonders, wenn man bedenkt, dass mehrere Forschungsgruppen weltweit daran arbeiten, diese Bakteriophagen als eigene Therapieform zu nützen. Besonders interessant kann das für welche Infektionen sein? Richtig — für Antibiotika-resistente Bakterien. So schnell wandelt sich das Bild vom Feind zum Freund. Also merke: Bakteriophagen = the good guy — immer!
Algen:
Algen sind vermutlich die am wenigsten wertgeschätzten Wesen unserer Erde. Gerade wenn man ihre Leistung historisch betrachtet, müssten wir diesen Organismen einige Statuen errichten. Immerhin haben sie den Weg hin zu eukaryotischen Zellen (Zellen mit echtem Zellkern und Kompartimentierung) überhaupt erst ermöglicht. Noch nicht überzeugt? Betrachten Sie es mal von dieser Seite: Alle Landpflanzen stammen von den Grünalgen ab -> Ohne Algen keine Vegetarier! Sie sind kein Vegetarier? Auch gut, weiter im Text: alle Nutztiere sind direkt oder indirekt von Pflanzen abhängig, die von Grünalgen abstammen -> Ohne Algen keine Fleischfresser! Gut, dass es Algen gibt.
Abgesehen von ihrer evolutiv entscheidenden Rolle sind Algen auch heute noch essentiell für das Leben wie wir es kennen: Immerhin ca. 50% der Sauerstoff-Produktion wird Stand heute von Algen übernommen!
Im Namen aller Menschen (Vegetarier und Omnivore!) und Sauerstoff-liebenden Organismen: Danke, liebe Algen!
Da wir nun schon so viel über Algen im Allgemeinen gesprochen haben (und genau genommen nur die Mikroalgen unter den Begriff der Mikroorganismen fallen), wird in den nächsten Zeilen nur noch ein Vertreter genauer vorgestellt — das muss dann aber auch reichen…
Chlamydomonas nivalis - auch bekannt als Schneealge und bekennender Liebhaber der Farbe rot. Tatsächlich zeichnet sich diese Algenart dadurch aus, dass es ein rotes Pigment produziert, sobald es durch die Schneeschmelze an die Oberfläche gelangt. Als Schutz vor der hohen UV Strahlung — Frühjahrskitouren- und Gletscherliebhaber können sich zwar nicht an einer derartigen integrierten Sonnencreme, jedoch am Anblick von rotem Schnee erfreuen. Ich empfehle in Zukunft dringend darauf zu achten!
Übrigens, wer dieses Naturschauspiel schon einmal beobachtet hat, kann nachvollziehen, warum dieses Phänomen im Mittelalter den Namen Blutschnee bekommen hat. Damals stellte man die Vermutung an, dass es sich um das Blut Christus handle (und das kein nie ein gutes Omen sein!). Die Kirche sah die Gunst der Stunde und versprach ein Verschwinden des Blutschnees durch Ablasszahlungen — wahrlich kluge Geschäftsleute!
To be continued…